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3 Gründe für Daniel Richter

Die große Frage zuerst: Wer ist dieser Daniel Richter? Punk, Maler-Rebell, vernichtender Analyst, Weltenbeobacher oder simpler Lebens-Künstler, der sich als Maler versteht?

Daniel Richter ist nicht zu verwechseln mit Gerhard Richter, sie sind nicht miteinander verwandt, haben maximal dieselbe Staatsbürgerschaft Deutschland. Jedoch polarisieren beide auf eine ganz eigene Art und Weise.

Beide Richter beschäftigten sich mit dem Abstrakten im Bild. Autobiografische Züge verarbeiten die Zeitgenossen beide, die Themen allerdings sind grundverschieden. Der Grund: sie trennen 30 Jahre. Die Gemeinsamkeit: Beide schlagen mit ihren Inhalten eine harte, ironische Sozialkritik an. Sie ist ungetrübt Bestandteil beider Künstlerpersönlichkeiten, ebenso die Arbeitsweise. Sie arbeiten kontrolliert. Fast museologisch-archivierend sammelte Gerhard Richter für seinen Atlas; und man möchte es nicht vermuten, Daniel Richter führt seinen Pinsel punktgenau und wohlüberlegt über die Leinwand.

Daniel Richter

Beim jüngeren Richter vibrieren die großflächigen Tafelbilder. Abstrakte Landschaften, apokalyptische Welten und anonyme Figurengruppen verschlingen den Betrachter. Der Maler zeigt einen ganz eigenen Gestus, den er selbst als „Historienmalerei im neuen Stil“ beschreibt. Konkrete Schauplätze findet der Betrachter jedoch vergeblich. Die collagierten, fiktiven Orte dröhnen aus der Leinwand heraus. Der Künstler erweitert seinen malerischen Raum und erzielt dabei ein schauriges Gefühl. Seine figurativen Bilder versuchen eine ganz bestimmte Stimmung des Zeitgeschehens einzufangen. Daniel Richter verstand sich im weitesten Sinn immer als politisch motiviert. Er arbeitete besonders in der Vergangenheit mit Allegorien, Narrationen und politischen Statements. Und er entwickelte sich weiter!

Drei Merkmale

Daniel Richter funktioniert als Künstler, als Störer und als Beobachter. Wie sieht er die Malerei selbst, einem Medium, dem er wie er selbst sagt „nie entwachsen ist“? Sie ist für ihn „unaufklärerisch, vielleicht traditionell auch das revolutionärste oder grundsätzlichste Medium. Konkret: „Was mir am meisten bedeutete, aus nichts etwas zu machen“, gibt er im Interview mit der Standard preis.

1. Der Künstler

Daniel Richter ist Maler mit Selbstbeschränkung: sich nur auf die Malerei zu konzentrieren ist eine Herausforderung, wie er im Interview für das RONDO betont.

2. Der Störer

Knallharte Kritik, laute Manieren und unliebsame Aussagen. Nicht jeder versteht Richter, nicht jeder liebt Richter, doch was kann Richter? Seine Meinung äußern! Ungeschönte Wahrheiten kollaborieren in den Bildern mit ganz eigenen Sichtweisen auf die Welt.

3. Der Beobachter

Daniel Richter im Interview mit Stephan Hilpold:  „Die Welt macht mir Riesenspaß. Was da gerade los ist, ein Haufen an beknackter Scheißdreckhaftigkeit, dass man vor Begeisterung in die Hände klatschen muss!“ Wer, wenn nicht der Künstler Daniel Richter, bringt es auf den Punkt!

Seine Retrospektive „Lonely Old Slogans“ läuft bis 5. Juni im Wiener 21er-Haus.

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Mode und Malerei – Der MM-Effekt!

Mode beeinflusst Kunst“ ist Sven Drühls Ansatz für eine Text-Diskussion, die er im Kunstforum international mit „Verstrickungen“ betitelt. Beide Disziplinen – Kunst und Mode – beherrschen ein feines Spiel aus Abkehr und Zuwendung zum jeweils anderen Feld. Drühl findet die „Offenlegung der Struktur“¹ oder „Vorgehensweisen als ästhetisches Mittel“² sowohl in der Modeproduktion als auch im Kunstsystem vor. Es sind die austauschbaren Verbindungen, die hier zum Tragen kommen, was wieder zur Umkehr führt, oder wie Drühl sagt, „Kunst beeinflusst Mode.“³

Mode und Kunst näherte sich immer wieder an, versuchte gemeinsame Wege zu gehen oder suchte Inspiration beim anderen. Im 20. Jahrhundert waren es Klimt und die Wiener Werkstätte, die mit Modeentwürfen, Stoffmustern und Verbindungen zum Modesalon der Schwestern Flöge für Aufsehen sorgten. In Paris brachte die Modeschöpferin Elsa Schiaparelli den Surrealismus und Dadaismus in die Fashionszene. Sie pflegte Kontakt zu Künstlern wie Man Ray und Duchamp. Picasso und Dali zählten zu ihren Freunden. Mit Letzterem kollaborierte sie immer wieder. Aus dieser kreativen Verbindung entstanden unter anderem das bekannte Lobsterkleid oder der Schuh-Hut.

Damals wie heute ziehen sich beide Bereiche magisch an – und das ist gut so. Menschen sind dazu befähigt, geistige und materielle Formen zu erschaffen. Wir bezeichnen sie als Modeschöpfer, Architekten, Bildhauer, Maler, Literaten oder Schauspieler – Sie alle kreieren Bilderwelten und Räume, die vor allem auch durch Verschränkungen immer wieder Quellen gegenseitiger Inspiration werden.

Formschaffen

Der bildende Künstler Mario Dalpra und Modeschöpfer Juergen Christian Hoerl beschreiten in diesem Zusammenspiel ihren ganz eigenen Weg. Zeit ist ein wesentlicher Faktor in der Kreation von Skulpturen und Kleidung. Diesmal aber ging es beiden um das Momenthafte und die unmittelbare Aktion. Eine Live-Performance ist dafür die ideale Bühne, denn der Weg bleibt spontan, das Ziel ist klar: Eine gemeinsame „Formschaffung“.

Foto: Malena Brenek

Foto: Malena Brenek

Die Medien

Der Akt des Schaffensprozesses setzt sich bei diesem Duell aus mehreren Elementen zusammen: Eine weiße Leinwand, weiße Kleidung, Menschen als Skulpturen und persönliche Zugänge werden zu Medien und Transmittern sinnlicher Formen. Die materielle Verkörperung spiegelt sich schließlich in der eigenen künstlerischen Handschrift wieder. Das Ergebnis kann vom Zuschauer nur erahnt werden. Gemälde, Kleidung, Gesamtkunstwerk? Das Prinzip des Zufalls spielt hier jedoch eine untergeordnete Rolle. Die Motive und Farben werden anfangs gezielt gesetzt, lösen sich aber im Zuge der Aktion immer mehr auf und folgen schließlich dem tranceartigem Zustand aus Gefühlen und Können.

Foto: Malena Brenek

Foto: Malena Brenek

Mode und Malerei

Juergen Christian Hoerls Zugang als Modeschöpfers ist deutlich erkennbar. Sein geschultes Auge erfasst die Körperformen, umzeichnet Schnittmuster und setzt Abnäher. In diesem Prozess dienen ihm Farbe und Pinsel als Marker und ersetzen Nadel und Faden. Mario Dalpras Hände folgen seinem gelernten Künstlergeist, indem sie Farben, amorphe Formen, Figuren und Muster auf die „lebenden Leinwände“ bringen. Kleidung als Medium, Menschen als Skulpturen und ein spontaner Schöpfungsprozess verbinden sich bei dieser Live-Performance zu einer stimmigen Einheit: Mode und Malerei ergänzen sich. Aktion folgt Reaktion, Gefühle ergeben Farben und individuelle Herangehensweisen erzeugen schlussendlich ein energiegeladenes Cross-over.

Die Verbindung Mode und Malerei hat einmal mehr gezeigt, wie sich gestalterische Kräfte im Zusammenspiel von sinnlicher Erfahrung, materieller und farblicher Ästhetik und einem beiderseitigen Verständnis von Perfektion aufeinander einstimmen können.

Wir hoffen alle auf eine Fortsetzung!

1-3 Drühl, Sven, Verstrickungen, in: Kunstforum international, Bd. 141, Juli-September 1998, 173.
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