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Vogelperspektive

Urbanes Wohnen mit Licht, Lage und Luxus. Im innerstädtischen Gebiet vereinen dies unter anderem Dachgeschoss-Wohnungen. Ein kostspieliges Vorhaben sind sich die Experten einig, trotzdem ist die Nachfrage konstant!

Durch die Wiener Innenstadt spazieren, den Blick nach oben schweifen lassen und dabei das rege Stadtleben spüren – ein Moment, in dem man sich vielleicht genau an diesem Platz eine 360-Grad-Aussicht vom Stephansdom bis zum Kahlenberg wünscht. Wer heute Wohnraum mit Fernsicht sucht, findet Angebote auf allen Raum-Ebenen, denn städtebaulich gesehen wächst die Stadt in die Breite und kontinuierlich auch in die Höhe. Zwar dezent und den Bauvorschriften gemäß, dafür aber individuell und zunehmend luxuriöser. Einheitslösungen findet man im Dachgeschoss nicht. Dafür sind die vorherrschenden Gegebenheiten jeweils zu unterschiedlich. Bauherren müssen aus diesem Grund tiefer in die Tasche greifen, besonders wer ein luxuriöses Gesamtpaket haben möchte.

Mehrwert bieten

Ein Dachgeschoss-Domizil ist keine preisgünstige Anlagewohnung. Ganz im Gegenteil, sechs- bis siebenstellige Beträge werden hier gegen ein besonderes Raumgefühl getauscht. Und dafür müssen die Mehrwerte absolut passen, oder konkreter gesagt: „Das Dachgeschoss ist nach wie vor die beliebteste Etage des Hauses“, weiß Michael Ehlmaier, Chef von EHL Immobilien. Doch nicht ausnahmslos: „Anders als vor Jahren sind Dachgeschoss-Wohnungen heute nicht unbedingt die ersten, die verkauft werden“, analysiert Florian Polak, Geschäftsführer der Vermehrt AG, den Premiummarkt. Die Vorstellungen wachsen entgegen der Angebote. So werden starke Schrägen, observierende Einblicke und zu kleine Räume abgestraft. Im Gegenzug sind sich beide Experten einig, dass Höchstpreise nur erzielt werden können, wenn die Wände gerade, die Lage premium, der Grundriss passend und die Freiflächen großzügig sind.

Wie das Gesamtpaket „Dachgeschoss-Traum“ im konkreten gewünscht wird, erklärt Markus Kaplan, Partner bei BWM Architekten, noch ausführlicher: „Kunden suchen den Luxus eines Neubaus, eingebettet in historische Bausubstanz und das alles zentral.“ Das seien vor allem schöne historische Viertel, trotzdem modern, mit Infrastruktur und einer gewachsenen Nachbarschaft.


Vollständiger Artikel erschienen im assets Magazin, Juni 2018.

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3 Gründe für Daniel Richter

Die große Frage zuerst: Wer ist dieser Daniel Richter? Punk, Maler-Rebell, vernichtender Analyst, Weltenbeobacher oder simpler Lebens-Künstler, der sich als Maler versteht?

Daniel Richter ist nicht zu verwechseln mit Gerhard Richter, sie sind nicht miteinander verwandt, haben maximal dieselbe Staatsbürgerschaft Deutschland. Jedoch polarisieren beide auf eine ganz eigene Art und Weise.

Beide Richter beschäftigten sich mit dem Abstrakten im Bild. Autobiografische Züge verarbeiten die Zeitgenossen ebenfalls, die Themen allerdings sind grundverschieden. Ein Grund: Sie trennen 30 Jahre. Die Gemeinsamkeit: Beide schlagen mit ihren Inhalten eine harte, ironische Sozialkritik an. Sie ist ungetrübt Bestandteil beider Künstlerpersönlichkeiten. Und die Arbeitsweise? Gerhard Richter arbeitet kontrolliert. Fast museologisch-archivierend sammelte er für seine Atlas-Serie. Und der anderen? Man möchte es nicht vermuten, Daniel Richter führt seinen Pinsel punktgenau und wohlüberlegt über die Leinwand. Konzentration im Chaos.

Daniel Richter

Beim jüngeren Richter vibrieren die großflächigen Tafelbilder. Abstrakte Landschaften, apokalyptische Welten und anonyme Figurengruppen verschlingen den Betrachter. Der Maler zeigt einen ganz eigenen Gestus, den er selbst als „Historienmalerei im neuen Stil“ beschreibt. Konkrete Schauplätze findet der Betrachter jedoch vergeblich. Die collagierten, fiktiven Orte dröhnen aus der Leinwand heraus. Der Künstler erweitert seinen malerischen Raum und erzielt dabei ein schauriges Gefühl. Seine gegenständlich-abstrakten Bilder versuchen eine ganz bestimmte Stimmung des Zeitgeschehens einzufangen. Daniel Richter verstand sich im weitesten Sinn immer als politisch motiviert. Er arbeitete besonders in der Vergangenheit mit Allegorien, Narrationen und politischen Statements.

Drei Merkmale

Daniel Richter funktioniert als Künstler, als Störer und als Beobachter. Wie sieht er die Malerei selbst, einem Medium, dem er wie er selbst sagt „nie entwachsen ist“? Sie ist für ihn „unaufklärerisch, vielleicht traditionell auch das revolutionärste oder grundsätzlichste Medium. Konkret: „Was mir am meisten bedeutete, aus nichts etwas zu machen“, so im Interview mit der Standard.

1. Der Künstler

Daniel Richter ist Maler mit Selbstbeschränkung: Sich nur auf die Malerei zu konzentrieren ist eine Herausforderung, wie er im Interview für das RONDO betont.

2. Der Störer

Knallharte Kritik, laute Manieren und unliebsame Aussagen. Nicht jeder versteht Richter, nicht jeder liebt Richter, doch was kann Richter? Seine Meinung äußern. Ungeschönte Wahrheiten kollaborieren in den Bildern mit ganz eigenen Sichtweisen auf die Welt.

3. Der Beobachter

Daniel Richter im Interview mit Stephan Hilpold:  „Die Welt macht mir Riesenspaß. Was da gerade los ist, ein Haufen an beknackter Scheißdreckhaftigkeit, dass man vor Begeisterung in die Hände klatschen muss!“ Nun, irgendwie bringt er es auf den Punkt.

Seine Retrospektive „Lonely Old Slogans“ läuft bis 5. Juni 2017 im Wiener 21er-Haus.

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Knize trifft Loos

Designtraditionen in Wien

Skizzieren, messen, zeichnen, umzeichnen, noch einmal messen. Pläne erstellen und fertigen. Erneut nachmessen, korrigieren und wieder: fertigen, fertigen, fertigen. Millimetergenaues Arbeiten, betrachten und erneut: fertigen.

Der Arbeitsprozess gleicht dem eines Architekten, und doch ist es der eines Schneiders. Eines Schneiders, der sein Handwerk mit Bedacht und voller Hingabe lebt. Rudolf Niedersüß ist Meister in dritter Generation und führt den Herrenausstatter Knize, ehemaliger K&K Hoflieferant, am Wiener Graben 13. 1858 wurde das Geschäft von Josef Knize gegründet, Niedersüß übernahm es 1976. Auch wenn man hier keine Baupläne bekommt, kommen ArchitekturliebhaberInnen auch in diesem Bereich auf ihre Kosten. Und der Grund ist Adolf Loos.

Außen und Innen

Die Einrichtung und Ausstattung, wie auch der dezente, edle Eingangsbereich aus schwarzem, schwedischem Granit mit Goldlettern trägt die Idee von Handwerk und durchdachter Gestaltung. Sie entstammt der Feder des Verfechters des Ornamentlosen, Diskreten und stets dem Modernen zugewandten Loos. Zwischen 1910 und 1913 verwirklichte er hier seine Idee von einem zeitgemäßen, modernen und funktionalen Geschäft.

Knize – erste Adresse in Sachen Herrenausstattung – ist heute ein Stück lebende Kunst- und Kulturgeschichte inmitten des 21. Jahrhunderts in Wien. Weniger die Fakten führen zu dem Schluss, als vielmehr die Atmosphäre und kleinen Details im Geschäft selbst. Es ist der Geruch von feinem Staub und alter Möbelpolitur, die knarrenden Holzböden und schiefen, der Schwerkraft nachgebenden, Türrahmen – Hunderte von Geschichten könnten sie uns erzählen. Es sind die Salonsessel aus grünem Samt, die Schlüsselgriffe mit charmanten Gebrauchsspuren, schmucklos gefräste Holztäfelungen – vom vielen Staubwischen glänzend poliert – und nicht zu vergessen, der leicht abgetretene, grasgrüne Teppichboden. Sie alle sind Zeugen zahlreicher wohlhabender KundInnen, die das Vertrauen in die Meisterhände legten, um in wohlgemerkt „ihrer Gesellschaft“ korrekt angezogen zu sein. Niemals auffallen und sich stets mit feinstem, edelsten Zwirn bedecken, keine Borte und noch weniger Samt und Seide lautet heute wie damals das Credo. Die Schneiderkunst war Loos so wichtig wie der Raum, den er für sie baute.

Form und Material

Knize vereint in Loos’ Sinn die Architektur und die gehobene Schneiderei. Denn in ihren Grundhaltungen gleichen sich beide mehr, als man vermuten möchte. Die Arbeit mit Form und Material und die pragmatische Suche, ein zeitgemäßes und funktionales Ergebnis zu schaffen, formt in beiden Disziplinen einen Körper, eine Hülle, für den Menschen. Loos und Knize kommunizieren und fordern eine Haltung nach schlichten Werten: Sei dir immer bewusst, was du hast und kannst, sei selbstsicher, aber übe dich in unauffälliger und zurückhaltender Manier. „Furcht vor der Öffentlichkeit“ würde Loos dazu sagen.

Knize und Brioni

Qualität hat seinen Preis. Und fordert Zeit. Die ausgewählte Stammkundenschar bleibt aus diesem Grund weiterhin ausgewählt, denn die Kartei vermehrt sich, zum Leidwesen zahlreicher Anfragen, nicht. Gehört man damit nicht zum Kreis der „betuchten“ Kunden für Maßanzüge, für den steht eine Auswahl an Anzugmodellen bereit, welche eigens für Knize in Italien gefertigt und als Prêt-à-Porter Mode in Wien verkauft wird. Kenner des guten Zwirns finden etwa Marken wie Brioni oder Kiton darunter. „Es wird bewusst gewählt“, heißt es, denn verkauft wird gewiss nicht jede „Stangenware“. Wohl wahr, trägt doch James Bond auch Brioni-Anzüge. Mit ruhigem Gewissen kann man somit behaupten, dass Knize die Lizenz zum Maßnehmen besitzt. Und Loos? Auch er hätte noch seine Freude daran.

Literatur: Adolf Loos, Die Herrenmode, Wien 1898.
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Anselm Kiefer @ ALBERTINA WIEN

Die Albertina Wien setzt gerne auf bekannte KünstlerInnenpersönlichkeiten. Mit der Ausstellung Anselm Kiefer – Die Holzschnitte gelang es Albrecht Schröder, auf Wunsch Kiefers, die außergewöhnlichen und monumentalen Werke erstmals in Wien zu zeigen. Kuratorin Antonia Hoerschelmann setzte eine inhaltlich durchdachte Retrospektive um, die durch ihre konzentrierte Werkauswahl besticht.

Der Holzschnitt als Medium in seiner Reduktion und Abstraktion steht in Kiefers Werk nicht als Gegenpol zu seinen haptischen Arbeiten aus oft unkonventionellen Materialien. Er ist vielmehr eine Ergänzung, um BetrachterInnen im Sehen, im Tastsinn, manchmal auch im Geruchssinn zu fordern, so der Künstler selbst.

Inhaltlich wie formal vernetzen sich die Arbeiten mit seinem Gesamtwerk. Bildzyklen und Themengruppen benannten die deutsche Geschichte und Mythologie. Kiefers Interesse am Mythos Mensch und sein Moment der Wandlung gipfelt nach vier Jahrzehnten Arbeit in eindrucksvollen, handwerklich ausgereizten, wie auch sensibel bearbeiteten Holzschnitt-Collagen. Der Künstler sieht den Kreislauf von Mikro- und Makrokosmos, von Erwachen und Tod in einem größeren, vielleicht auch universelleren, Zusammenhang. Die Rhein-Bilder wiederum knüpfen an Kiefers Symbolik als deutschen Grenzfluss an; Wege der Weltweisheit: Die Hermannsschlacht und Brünhilde – Grane zeigen sein Interesse an der deutschen Geschichte. In dieser Ausstellung erkennt man eindeutig einen Kiefer, der seinem dualen Interesse nach Realität und Metaphysik folgt.

anselm kiefer - die holzschnitte. albertina wien. 2016.

Anselm Kiefer – Die Holzschnitte, Albertina Wien, 2016.

Trotz der überdimensionalen Arbeiten wirkt der Raum im Untergeschoss der Albertina offen und luzid. Der Fokus ist klar, die Linie deutlich und die Sprache des Künstlers wurde durch Hängung, Aufbau und verständlichen Begleittexten auf den Punkt gebracht. So bleibt genügend Betrachtungs-Freiraum, um Kiefers Holzschnitt-Collagen, malerische Überarbeitungen und experimentelle Materialien und Techniken zu studieren. Die Ausstellung gewinnt durch systematisches Aussparen. Jedes Werk wirkt für sich. Die hingebungsvoll erschaffen und mit Passion bearbeiteten Tafelbilder verbreiten durch ihre reduzierte Farbpalette aus Weiß, Grau und Schwarz eine meditative Ruhe. Kiefer nennt es auch „die Sensualität von einem Kunstwerk“.

„Man muss schon kämpfen, das man das Holz dazu bringt, etwas zu sagen.“  Die Ausstellung zeigt uns Anselm Kiefer als Realist, als Mythologe und als Künstler. Noch bis 19. Juni 2016 in der Albertina WienAlbertinaplatz 1, A-1010 Wien.

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